Erneuerung des deutschen Ertragssteuersystems

Die Humanistische Stiftung hat im Jahre 2002 einen Wettbewerb zum Thema „Erneuerung des Einkommensteuerrechts“ ausgelobt.

Verlangt wurde ein Gesetzestext mit Begründung. Erster Preisträger war Professor Joachim Mitschke (Frankfurt am Main), zweiter Preisträger der Privatdozent Dr. Michael Elicker (Saarbrücken), dritter Preisträger war eine Arbeitsgruppe mit Professor Joachim Lang (Köln) als Sprecher. Der vierte Preis wurde geteilt zwischen Professor Manfred Rose (Heidelberg) und Dr. Hermann Otto Solms (FDP).

Als Ergebnis des Wettbewerbs trat zutage, dass das geltende Besteuerungssystem für den krankhaften Zustand unserer Volkswirtschaft mit ursächlich ist. Es schränkt die Selbstfinanzierungskraft der Wirtschaft zu sehr ein. Als Alternativen zum geltenden System kommen die sparbereinigte, die zinsbereinigte und die duale Besteuerung in Betracht. Am geeignetsten erscheint aus heutiger Sicht die sparbereinigte Besteuerung, wenn man sie in einem ersten Schritt auf die Einkünfte der Körperschaften und Gewerbetreibenden sowie der Freiberufler und Land und Forstwirte beschränkt. Freilich ergeben sich daraus neue, jedoch weitaus weniger gewichtige Fragen als sie mit dem geltenden System verbunden sind.

Als weiteres Ergebnis des Wettbewerbs wurde deutlich, dass die Idee einer Integration von Sozialtransfers in das System der Einkommensteuer mit Nachdruck verfolgt werden sollte.

Die Arbeiten von Prof. Mitschke (Erneuerung des deutschen Einkommensteuerrechts– Gesetzesentwurf und Begründung, € 34,80), Dr. Elicker (Entwurf einer proportionalen Netto-Einkommensteuer) und der überarbeitete Wettbewerbsbeitrag von Prof. Lang (Kölner Entwurf eines Einkommensteuergesetzes) sind im Dr. Otto Schmidt Verlag, Köln, erschienen. Die Tätigkeit von Prof. Lang wird inzwischen von der Stiftung Marktwirtschaft gefördert. Die Arbeit von Dr. Solms (Liberale Reform der direkten Steuern) ist im liberal Verlag GmbH, Berlin, erschienen.

Den pauschalen Einwand, die nachgelagerte Unternehmensbesteuerung könne zu nicht beherrschbaren Steuerausfällen führen, hat jüngst das Finanzwissenschaftliche Institut der Universität Köln (Fuest, C., A. Peichl und T. Schäfer (2005): Aufkommens-, Beschäftigungs- und Wachstumseffekte einer Steuerreform nach dem Vorschlag von Mitschke, Fifo Berichte Nr. 5, Finanzwissenschaftliches Forschungsinstitut an der Universität zu Köln m.w.N.) widerlegt. Im Gegenteil: Am Beispiel des von Joachim Mitschke für die Bundesrepublik Deutschland vorgelegten Reformentwurfs konnte für dessen Einführungsstufe einer nachgelagerten Besteuerung die Zunahme des Bruttosozialprodukts um 1.1 % und eine Zunahme der Beschäftigten um 370.000 errechnet werden.

Offen ist die allgemeine Frage der Kompabilität aller Entwürfe mit den in den EG- und EU-Verträgen vereinbarten Grundfreiheiten. Zur Klärung dieser Frage hat die Stiftung eine weitere Auslobung ausgeschrieben.